Daisy-Cutting-Movement sieht man heute immer noch ab und an, zum Glück. Der Whippet, so sagt der Standard, auch der amerikanische, soll effektiv gleiten, so als würde er Gänseblümchen rasieren. Also gleiten, statt fliegen!
Es scheint aber “modern” geworden zu sein: Der Whippet, der sich mächtig ins Zeug legt, und mit trainierter (Laufband-?) Gangart, künstlich gepusht, dahinfliegt, um Eindruck zu schinden. Das ist genau nicht das, was ein Whippetgangwerk ausmacht. Spektakulär ist ein Whippetgangwerk vielleicht nicht für den Laien, aber für den Kenner umso mehr: Denn, er gleitet dahin und gewinnt mühelos viel Boden, gerade so, als würde sich der Boden unter dem Hund weg bewegen, ohne dass sich an der Umrißlinie des Whippets etwas verändert.
Effektiv oder wirtschaftlich heisst, dass der Whippet mit dem geringsten Kraftaufwand die größtmögliche Distanz eben mühelos leichtfüssig überwindet.
Fred Lanting, nicht nur ein großer Kynologe und in vielen Vorträgen rund um den Hund, insbesondere Schäferhund unterwegs auf Vorträgen, teilt mir mit, dass er selbst Whippets gezüchtet und gehandelt und auch coursingmässig geführt hat. Er schickt mir zum Thema folgende Gangwerkstudie:
Ein Whippet, wie er gehen soll, ohne Mühe und Anstrengung mit Spannung im Rücken über den Boden gleiten, minimale Kopfbewegung und ruhiger Widerrist sowie gleiche Schrittlänge vorn wie hinten .Foto:Poochpix
Schauen Sie mal hin und beobachten Sie Whippets im Ring und in der Bewegung. Viele rudern, greifen hoch und dann vor, aus der Hinterhand kommt nicht viel Schub. Die Bewegung geht aber von der Hinterhand aus, insbesondere bei Windhunden ist dort der stärkste Antrieb, der wie ein Propeller wirkt. Die Wuchsform des Windhundes verläuft von oben betrachtet vom sehr schmalen Kopf über eine schmale Vorhand zur breitesten Stelle der Hinterhand. Von hier beginnt die Bewegung, wird auf die Wirbelsäule übertragen und von der Vorhand aufgefangen. Die Hinterhand schiebt den Hund nach vorn, nicht umgekehrt zieht die Vorhand die Hinterhand nach. Für eine flüssige rassetypische Gangwerksstudie ist auch die rassetypische Oberlinie mit der entsprechenden Länge der Wirbelsäule verantwortlich.
Erforderlich für den größtmöglichen Schub aus der Hinterhand ist die korrekte Winkelung, Rückenlänge und die entsprechende Länge des Unterschenkels. Ist der Rücken zu lang, verliert er schnell an Spannung und wird flach, bei der zweiten Trabrunde durch den Ring kann man einen Sattel auflegen.
Jedes Zuviel ist eine Übertreibung, die sich auf das Gangwerk auswirkt. Whippets mit “flashy” aussehender Hinterhand, wo man den Eindruck hat, die Hinterhand steht im nächsten Ring und gehört nicht mehr zum Hund, ist nicht zu bewundern. Das ist nur scheinbar bodendeckend. Denn sobald sich der Whippet in Bewegung setzt, sieht man den fehlenden Schub. Die Hebelwirkung wird durch die zu langen Unterschenkel aufgehoben; sie muss aber im korrketen Verhältnis zueinander stehen, um eben effektiv zu funktionieren. Was vielleicht im Stand “schön” aussieht, hat tatsächlich uneffektive Wirkung. Wenn sich ein solch überwinkelter Whippet in Bewegung setzt, erinnert mich das immer an die alten Citroen DS, Vorreiter automatischer Niveauregulierung. Der geparkte Wagen sank etliche Zentimeter ab und es dauerte nach dem Start etwas bis die Hydraulik auch die Hinterachse wieder hochgefahren hatte.
Showgangwerk
Meist sehen wir an den großen Shows aber das neumodische TRAD (tremendous reach and drive) in den Vorführungen aller größerer Hunderassen und auch beim Whippet schleicht sich das ein. Da gibt es dann kompetente Richter, die eine solche Vorführung als “zuviel Gangwerk” kritisieren. Diese Richter verdienen Lob.
Insbesondere in der Endausscheidung der großen Ehrenringe wirkt der Whippet in der Bewegung zu Afghanen, Barsois oder auch anderen größeren Laufrassen eher “bescheiden”. Deshalb meinen einige handler, durch eine übereilte gekünstelte Trabaktion den Whippet konkurrenzfähiger machen zu können. Das klappt dann leider auch bei Richtern, die eben keine Whippetspezialisten (mehr) sind. Jede Rasse muss in ihrer typischen Gangart vorgeführt werden, auch wenn damit im Vergleich zu einem Afghanen oder Barsoi der Whippet zwangsläufig bescheiden wirkt, weil nicht viel Effekthascherei dabei ist. Aber der Kenner sieht die Vorzüge der mühelosen und natürlichen Aktion.
Selbst im Kommentar zum AWC-Standard steht: “Judges should look for ease of movement with ‘daisy cutting’ action with a minimum of effort. Remember that this is a running (sprinting) breed, not a trotting breed, so you should not be looking for ‘TRAD’ (Tremendous Reach And Drive) but rather efficiency of motion. When viewed from the side at a moderate trot, gait should be balanced and effortless.”
Übersetzt: Richter sollen die Leichtigkeit der Bewegung suchen, “Gänseblümchen schneidende” Bewegung mit einem Minimum an Anstrengung. Denken Sie daran, dass dies eine rennende (sprintende) Rasse ist, keine Traberrasse, deshalb sollten Sie nicht nach “TRAD” sondern eher die Effizienz der Bewegung gesucht werden.
Wenn der moderate Trab von der Seite gesehen wird, sollte die Bewegung ausgewogen und mühelos sein.
Schön, das hier auf die Bestimmung des Whippets als Sprintrasse, also Galopper, eingegangen wird und ausdrücklich TRAD verworfen wird.
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