Ich möchte nocheinmal meinen Artikel vom 27.2.2007 veröffentlichen. Es liegen inzwischen gute 7 Jahre dazwischen und vielleicht können einige Leser meine Ausführungen heute besser nachvollziehen…. Aktuelles Anschauungsmaterial finden Sie in den Fotoalben, die ich bei facebook verlinkt habe, insbesondere Donaueschingen 2015.

Vom Vollblut zum Kaltblut
An der Entwicklung der Whippetzucht in den letzten 30 Jahren zeigt sich, wie eine Auslese auf einen bestimmten Konstitutionstyp Veränderungen hervorbringen, die sich schnell manifestieren. Da ich nun schon einige Zeit dabei bin, und das werden mir alle mit gleichen Erfahrungen bestätigen können, stelle ich fest, dass sich die Rasse allgemein doch sehr verändert hat. Am auffälligsten ist die Veränderung im Wesen, die einhergeht mit der Veränderung des Konstitutionstyps.
Veränderungen betreffen jede Rasse, was nur natürlich ist, da wir Menschen selektieren, d.h. nur die “Besten” auswählen und damit züchten. Was das “Beste” ist, zeigen uns in der Regel die Ergebnisse und Erfolge, die uns Zuchtrichter vorgeben, in dem sie ihre Sieger präsentieren und sich die Züchter vornehmlich daran orientieren.
Was wir nicht wollten, waren Whippets von einem überfeinen Typ, jene, die man damals als windspielhaft bezeichnete. Übertypisierung bringt Extreme hervor. Besonders dünne Haut – auch besonders dünne Nerven! – und zarte Laufknochen, Grazie und Eleganz wo man hinsah. Entsprechend elegant und trocken waren die Körper der Whippets, d.h. dass die Haut dünn war nicht nur Muskeln sondern auch gut durchblutete Adern sichtbar werden ließ, alles ohne ein Gramm Fett. Also eigentlich all das, was einen Vollblüter ausmacht.
Ein Vollblut können wir uns alle besser beim Pferd vorstellen. Wir kennen die feinnervigen Galopper, klein, feine Knochen, dünne Haut, elegant, leichtfüßig, kleine Hufe, agil, explosiv, jederzeit bereit davonzupreschen und höchste Schnelligkeit zu entwickeln. Das Warmblut ist eine gemässigte Variante, stärker, weniger “aufgedreht”, weniger elegant, schön und leistungsstark und für den Reitsport besser geeignet, als der Galopper. Das Kaltblut ist das ganze Gegenteil vom Vollblut, groß, schwer, gedrungen, unelegant, starke Knochen, zum Ziehen von Kutschen und schweren Karren, behende im Temperament.
Zurück zu den Whippets. Als Windhund gehört der Whippet zum Vollblüter. Wieviele solcher Vollblüter sehen wir heute noch im Ring? Und wenn, dann will man sie nicht mehr und das ist für meine Vorstellung von einem Whippet mehr als bedauerlich. Schon vor Jahrzehnten warnten britische Whippetkenner davor, aus dem Whippet kein Brauereipferd zu machen.
Die Forderungen im Standard haben sich nicht verändert, nur unsere Sichtweise. Der Standard will noch immer den Whippet, als ausgewogene Kombination von Muskelkraft und Stärke mit Eleganz und Grazie der Umrisslinien. Für Geschwindigkeit und Leistung gebaut. Jede Form der Übertreibung muss vermieden werden.
Damals wollte man weg von den überfeinen Typen, wollte mehr Körper (Substanz) und Nervenstärke. Das war auch notwendig, aber wie so oft schießen wir über das Ziel hinaus. Wenn wir heute Whippets auf den vorderen Plätzen finden, die breit, stark und schwerer sind, finden wir es normal. Wenn wir eine schwungvolle Linie sehen, ist sie uns befremdlich, weil wir uns an die langen Rücken mit mässig aufsteigender Unterlinie gewöhnt haben und viel body sehen wollen. Wenn wir elegante Whippets sehen, fehlt uns die Substanz, doch sehen wir Substanz fehlen Grazie und Eleganz. Natürlich ist es schwierig sich hier auf eine Ausgewogenheit zu einigen. Doch genau hierin liegt ja der Reiz der Zucht.
Ich habe einige Whippets verfolgt und mir diese eingeprägt, die mich damals aufgrund ihres Formats recht schockiert haben, die aber von den Richtern geradezu wie eine Offenbarung gefeiert und vorn platziert wurden. Hündinnen wie Rüden. Deren Nachkommen werden heute präsentiert und die wiederum zeigen noch mehr an Substanz als schon die m.E. damals “bedenklichen” Ausgangstiere.
Wenn beispielsweise Whippetliebhaber heute nach vielen Jahren der Auszeit an den Ring kommen, dann bleibt ihnen der Mund offen stehen. Was wir regelmässig über einen längeren Zeitraum schleichend mitbekommen haben, versetzt Kenner, die längere Zeit nicht dabei waren in Angst und Schrecken. Wo sind die Whippets geblieben? Ich sehe hier schöne Hunde, aber keine Whippets!
Das haben mir etliche Whippetliebhaber und Zuchtrichter gesagt, aus nah und fern. Die Fehler liegen nicht bei den Richtern, die m.E. einen Trend setzen wollten, sondern bei den Züchtern, die nicht die wenigen substanzvollen Exemplare für ihre feinen und zarten Whippets als Zuchtpartner einsetzten, um einen Ausgleich zu schaffen, sondern mit den Schweren (den Siegern) genauso schwere Exemplare (auch Sieger) anpaarten.
Whippetzucht sollte sich m.E. also nicht nur an dem Trend festmachen, sondern muss sich an dem Idealbild der Rasse orientieren. Deshalb sind verschiedene Whippettypen unabdingbar und gleichberechtigt. Doch wer sieht das ein, wenn er einen Whippet züchten will, der im Ausstellungsring Erfolg haben soll?
Der Standard ist und bleibt die Leitlinie und manchmal denke ich, haben wir unsere Vorgabe vergessen.
Schade!
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