In einer Diskussion um Titelvergabe in der Renngrößenklasse fiel die Wortneuschöpfung Standardjunkie. Hat mich belustigt auf den ersten Blick. Auf den zweiten weniger. Wird der Unterton einer krankhaften Abhängigkeit hier benutzt, um einen negativen Eindruck auf alle und jeden zu lenken, die sich am Standard orientieren (müssen)? Sich aufgrund von Zucht, Ausstellung und Sport mit dem Rahmen des vorgegeben Standards als Basis für die Ausprägung der Rasse zu befassen, ist ein sachlich notwendiges Vorgehen. Sonst wird alles, was wir im Zusammenhang mit Whippets tun, ad absurdum geführt.

Superfly’s Razzmatazz
Jede Zucht braucht einen Standard, so wie jedes Haus eine Architektenplanung oder jeder Motor einen Konstrukteur. Das versteht jedes Kleinkind. Ohne Standard keine moderne Rassehundezucht und ohne Rassehundezucht auch keine Whippets und keine Zuchtvereine und auch keine Rennbahnen. Für jeden Züchter, auch Züchter von Rennhunden, ist der Standard verbindlich.
“Wir brauchen keinen Standard!”
Das immer wiederkehrende Thema in der Windhundrennszene ist der Aufschrei: Hauptsache meine Hunde rennen, was braucht es da einen Standard oder eine FCI? Mir doch egal, wie der Hund aussieht, Hauptsache er ist schnell.
Warum dann keine Non-Pedigrees? Geht in England doch auch. Parallelrennbahnen? Einfacher und bequemer ist das schon Vorhandene im DWZRV zu nutzen. Zur Erinnerung: Das Rennwesen im DWZRV ist ein Mittel zur Betreuung und Förderung der Zucht und in der Satzung verankert.
Äpfel mit Birnen vergleichen
Der Unterschied zwischen Ausstellungstiteln und Renntiteln liegt doch klar auf der Hand. Während bei der Ausstellung eine Titelvergabe von der jeweiligen Person, dem Richter und seinem Geschmack, abhängig ist, wird ein Renntitel von dem Hund erlaufen. Hier: Mensch und seine Interpretation des Standards, dort Hund und seine Rennleistung. Üblicherweise gewinnt der Schnellste Hund den Titel, bei der Ausstellung erhält der Hund den Titel, der dem Richter am besten gefällt.
Warum Schönheitstitel nicht mit Renntitel vergleichbar ist
Das Argument, dass die viel zu großen Whippets an Ausstellungen auch Championtitel bekommen können, und das gleichzusetzen wäre mit dem Größenklassetitel bei Rennen, greift ganz und gar nicht.
Im Ausstellungswesen, und damit der Abhängigkeit von den Richtern, gewinnt mal der oder der. Auch wenn etliche Übergrößen, die den Standard bezüglich Größenmerkmal nicht entsprechen, zu Titelgewinnen gelangen, ist bei den Ausstellungen eine breite Variation gegeben. Es gibt aufgrund des menschlichen Einflusses keinen zwingenden Parameter, der einen Titel zwangsläufig bewirken muss. Durch die verschiedenen Richter, die unterschiedlich und sogar gegensetzlich entscheiden, wirkt der Ausgleich, sodass es eben nicht vom Hund abhängt, ob er einen Titel gewinnt oder nicht.
Bei den Renntitel fehlt dieser Ausgleich. Ist ein Hund sehr schnell, dann hat er damit automatisch die Möglichkeit das Rennen zu gewinnen. Wenn keiner schneller ist, muss er den Sieg davontragen.
Deshalb können Titel für die Größenklasse nicht mit Titeln für zu große Whippets im Ring verglichen werden. Was im Ausstellungsring von Richtern ausgewählt wird, liegt nicht am Hund, sondern ist abhängig von vielen anderen Faktoren.
Ausstellungen
Es sind die Personen Richter, die CACs und Titel vergeben, also eine individuelle Entscheidung, die nichts mit der Fähigkeit eines Hundes zu tun hat. Es werden nicht zwangsläufig Titel oder Anwartschaften an eine bestimmte Größe vergeben. Wenn zu große Hunde Titel gewinnen können, dann liegt das an den Richtern, nicht aber am Vermögen des Hundes.
Rennen
Es entscheidet die Rennleistung des Hundes, also ist das ein automatisch erwirtschafteter Titel. Werden Titel für die Größeren vergeben, dann gewinnt ihn auch immer einer. In einer Größenklasse wäre das auch zwangsläufig ein zu großer Whippet.
Bei der Ausstellung haben die Besitzer und Züchter die Wahl, ob sie mit einem kleineren, mittelgroßen oder größeren züchten, weil der Titelgewinn nicht zwingend von der Größe abhängig ist. Bei einer Titelvergabe in der Größenklasse ohne Unterschied zu den “normal-großen” Whippets, haben die Besitzer und Züchter keinen Selektionsdruck, weil der Titelgewinn sicher ist. Im Gegenteil: Durch den fehlenden Ausgleich, dass bei Ausstellungen auch völlig anders aussehende oder unterschiedlich große Whippets gewinnen können, laufen in der Größenklasse bei Rennen ausschließlich Übergrößen gegeneinander und jeder Sieger ist hundertprozent zu groß.
Denken Sie selbst nach, welche Auswirkungen das haben kann und wird. Die Motive sind völlig unterschiedlich. Wenn Züchter nicht an eine Vorgabe gebunden sind, weil die Bedingungen für einen Titelgewinn unabhängig von Standard und Größenvorgabe erreicht werden können, warum sollten sie dann versuchen eine erstrebenswerte Größe nach dem Standard zu züchten? Es ist das gut und richtig, was gewinnen kann, also Titel erlaufen kann.
Derzeitige Situation
Auch zu große Whippets sind Whippets. Richtig. Aber die Möglichkeit zum Rennen ist allen gegeben. Darum geht es aber nicht, denn es muss auch eine Möglichkeit für Titel geschaffen werden. Warum? Eine Freigabe von Titeln in der Größenklasse, die gleichwertig sind, hat nicht nur momentane Auswirkung und wird den Besitzer erfreuen, dass er sich nicht zurückgesetzt empfindet. Geht es um den Besitzer? Wenn aber die Rassebetreuung und die Förderung der Zucht laut Satzung des DWZRV und seiner übergeordneten Vereine wie VDH und FCI ein Kriterium ist, dann kann eine solche Freigabe für die Größenklasse bei Rennen nicht erlaubt werden, weil es die Grundsätze von Zucht und eben Standard verletzt.
Deshalb ist der Standard für die Rennleute hinderlich, weil er doch tatsächlich Vorgaben zur Größe hat. Es steht da schwarz auf weiß und ist einfach zu verstehen: von… bis.
Allein das zu akzeptieren scheint ein Riesenproblem, denn sonst würde ja nicht so eifrig manipuliert. “Wir gehen nur mal unseren Hund einmessen” sagen Whippetbesitzer, die zum ersten Mal zu einer Meßveranstaltung gehen und kommen nur mit dem blanken Entsetzen davon. Die Bandbreite der Emotinen schwankt zwischen Anspannung, Hysterie und Panik. Und natürlich wird alles versucht, dass der Hund nicht ausgemessen wird.
Das würde sich bei einer Größenklasse mit Titelvergabe erledigen? Niemals, denn was vergessen wird ist immer der Besitzer, der ja gern den bestmöglichen Vorteil für sich selbst herausschlagen will. Möglichst größer, weil schneller, aber gleichzeitig in der A-Klasse. In einer Größenklasse wird es auch immer wieder schnellere und größere geben. Was dann? Größenklasse 1 und Größenklasse 2? Das Problem ist nicht das System oder der Standard, das Problem ist der E h r g e i z.
Lasermessung
Lasermessung wird jetzt beim Stockmaß von Pferden in England in Erwägung gezogen. Wäre eine solch genauere Messung ein Vorteil? Für die Hunde sicherlich. Das gäbe dann eine objektive Größe und Gerechtigkeit. Aber: Würde man das wirklich wollen, dass alles elektronisch genau gemessen würde? Wo bliebe da der zum großen Teil erschwindelte Vorteil?
Like this:
Like Loading...
Recent Comments