Kann man sich ausdenken, was man sich gerade ausdenkt oder gibt es auch Definitionen für bestimmte Begriffe? Wie kann man sich dem Wort Begleithund nähern? Die Eigenschaften eines Begleithundes kann man am besten dort beurteilen, wo begleitet wird: In der Öffentlichkeit.

Ein Whippet begleitet den anderen. Das beste Mittel gegen das Hetz-Gen.
Be-gleiten! Das be- deutet auf Be-ziehung hin, Be-zug zueinander haben und Be-gleiten ist ein fast unmerkliches Kopf-an-Kopf Dahinschweben, nebeneinander Dahingleiten, oder?
So dürfte ein Begleithund einer sein, der in einer Be-ziehung zu seinem Be-sitzer steht und ihn fast schwebend daneben Be-gleitet, sodaß der Be-sitzer keinen Gedanken an seinen Be-gleiter während der Be-gleitung verschwenden muss. Kompliziert? Mir gefiels.
Nun einmal kynologisch ausgedrückt: Ein Begleithund ist seiner Verwendung nach einer, der in erster Linie seinen Besitzer begleitet. Dafür sind diese Hunderassen gezüchtet wie Bologneser, Französische Bulldogge, Papillon, Bichon frisé, Chihuahua, Malteser, Mops, Pekingese usw..
Whippets sind in der FCI Gruppe 10: Windhunde. Und Windhunde sind keine Begleithunde im strengeren Sinn.
Das Hauptmerkmal eines Begleithundes in diesem züchterischen Sinne ist, dass der Begleithund halt nichts weiter im Sinn hat, als eben zu begleiten und zu bespassen! Beliebte Begleitungsgebiete sind das gemütliche Zuhause, Restaurants, Cafés, Parks, öffentliche Verkehrsmittel, Trottoirs, Shoppingmalls, Kaufhäuser, Straßenfeste u.ä. wo man Begleithunde des öfteren trifft.
Foto links: Ausgepowert nach ausreichenden kräftezehrenden Sprints über Felder und Wiesen
Wie unterscheidet sich ein Begleithund noch von einem NullBegleithund? Das betrifft zum einen die Statur und den Körperbau und zum anderen das rassetypische Verhalten. Am besten keine eigenen Interessen außer hier schüffeln, da wedeln, “Feinde” verbellen, ansonsten leben und genießen, sich keinen Stress machen, Hauptsache Herrchen/Frauchen ist/sind da und ab geht das gemütliche kümmere-dich-nicht-Leben nach dem Motto alles ist gut und alles ist geregelt. Grob beschrieben zur pauschalen Charakter-Unterscheidung, falls sich da gleich wieder jemand auf den Schlips getreten fühlt und plärrt: Aber mein Hund ist ganz anders.
So ganz anders ist doch da der Whippet! Hier denke ich manchesmal, ob wir Whippethalter nicht eher seine Begleiter sind?
Der Whippet begleitet nicht so einfach, sondern er ist immer busy. Er ist aufmerksam und ihm entgeht nichts, er bekommt alles mit, seine Sinne sind sofort hellwach, jede Regung und Schwankung, jede Absicht und Äußerung deutet er, sortiert das Wesentliche für seinen Vorteil heraus und ist auf den Punkt genau immer bereit. Wie ein Spitzensportler eben. Denn er will nicht begleiten, sondern er will erleben. Eigentlich will er jagen, denn dafür ist er gezüchtet und sein ganzes Wesen und natürlich auf seine körperlichen Fähigkeiten sind absolut darauf ausgerichtet.
Jede Funktion, Eigenschaft und Verhaltensweise sind beim Whippet auf die Jagd und zwar auf die selbstständige Hetzjagd ausgerichtet. Das zeigt sich bereits deutlich im zarten Welpenalter, wo jedes Spiel jagdlich motiviert ist. Dazu zählt auch, dass der Whippet seine “Jagdgefährten” richtig einschätzen lernt, weshalb seine Fähigkeiten vor allem zuerst in seinen Sinnesleistungen liegen: Signale erkennen und reagieren ist eine ganz wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Jagd, sozusagen ein “absprechen” wann und wie sich ein Start lohnt. Kaninchen sind die am erfolgreichsten zu jagende aber auch am schwieirigsten zu fangende Beute, das dokumentieren Leute, die in Irland und England mit Whippets arbeiten. Meistens liegen die Baue unter dichtem Gestrüpp und der Fluchtweg ist sehr kurz. Hierzu ist erhöhte Aufmerksamkeit, Reaktionsschnelligkeit, Mut, Wendigkeit, Geschwindigkeit, Beharrlichkeit von Nöten und das liegt den Whippets in den Genen! Sämtliche Renn- und Coursingsportveranstaltungen mit Whippets sind aus diesem Grunde überhaupt erst möglich.

Das Hetz-Gen ist verantwortlich für das “mit Vollspeed auf andere Hunde zu stürmen”
Und neben dem lustigen Bett-Gen haben sie halt auch das gefährliche Hetz-Gen und das ist genau das, was die Rasse Whippet eben nicht zu einem Begleithund macht.
Tachless reden über Whippets
Wir können den Whippet nicht halb haben und wir können ihn auf keinen Fall halb reden oder halb bewerben. Was uns nicht gefällt, das lassen wir mal unter den Tisch fallen? Wer nur einen Whippet artig an der Leine durch die Vorstadt trippeln sieht, glaubt es eben nicht. Wer nur aufgereiht manierlich stehende und gehende Whippets auf einer Ausstellung oder gar in der Werbung sieht, der glaubt es ebenfalls nicht. Und selbst wer zu einem Hunderennen geht und die Whippets hinter dem falschen “Häschen” herrennen sieht, der glaubt es auch nicht. Er meint nur das zu glauben, was er von dem Hund sieht. Momentan. Und das ist doch so nett, so sanft und so sportlich.
Nix da. Wehe, wenn sich die Gelegenheit bietet, dann: Beutegreifer sind sie, blitzschnelle Killer von Kaninchen, Hasen, Eichhörnchen, Hühnern, Katzen, selbst Igeln, alles was nicht schnell genug auf dem Baum oder in der Grube ist, hat keine Chance gegen einen Whippet.
Leider muss ich aus der langen Zeit mit Whippets solches berichten, was ich selbst gesehen und miterlitten habe. Das Schlimmste war das komplette Zerreißen einer Katze, die auf unserem Grundstück herumspazierte. Ich konnte vier Whippets noch kurze Zeit in Schach halten, aber die Katze flüchtete nicht über den Zaun, sondern griff meine Hündin Nancy an und von dem Moment an hatte ich nur noch ein Rudel Irrsinniger um mich, die die Katze blitzschnell von allen Seiten packten und ihr auf eine wirklich unschöne Art den Garaus machten.
Auch sehr schwere Verletzungen sind durch diese Art der unkontrollierbaren!!! Jagd passiert. Wenn in einem Hundeauslaufgebiet Wildschweine aufgetan werden, was will man da noch verhindern? Von fünf Whippets aus Berlin weiss ich, dass sie Wldschweine gejagt haben und drei davon waren lebensgefährlich und zwei leicht verletzt. Auch weiss ich von einem verirrten Reh in einem Garten, wo der Whippet das Stück in den Zaun jagte und ihm schwere Verletzungen zufügte.
Das muss man aber wissen, das muss jeder Whippet-Interessent wissen, dass der Whippet eben kein Sofa-Kuschel-Hündchen im Ferrari-look ist, sondern dass der Ferrari tatsächlich in 3,6 Sek auch von Null auf Hundert ist. Er ist ein auf die Hatz gezüchteter Kaninchenjäger und kein harmlos mit dem Schwanz wedelnder Dekoartikel. Wieso fallen mir jetzt diese winkenden Goldkatzen ein? Ach ja, Glücksbringer sind Whippets für jeden, der weiss, worauf er sich einlässt.
Es geht in erster Linie um das Nachjagen
Jede Art der Hetzjagd ist verboten, aber wie sag ich’s meinem Whippet? Hier liegt die m.E. größte Herausforderung für Whippetbesitzer und das ist bisweilen sehr aufwendig und mit vielen Standortwechseln verbunden. Ausdauer und Langmut braucht es, dem Whippet das Nachjagen abzugewöhnen bzw. es einzudämmen, wenn er gleichzeitig seine Freiheit haben soll auch frei zu rennen und sich auszupowern.
Der Whippet, der nur einmal Erfolg bei der Verfolgung eines Wildes gehabt hat, wird es immer wieder wollen! Erfolg ist manches Mal allein die Selbstbelohnung beim Nachjagen, es spielt überhaupt keine Rolle, ob der Whippet das Tier erreicht oder nicht. Es geht allein um das Nachjagen!!! Deshalb funktionieren Ball- und Frisbiefangen so gut bei Whippets.
Dieser Spaß beim Nachjagen, den können Whippets sehr gut auch da umsetzen, wo es als Spiel verkleidet wird. Zum Beispiel das in vollem Speed auf andere Hunde zu rennen. Mit einer Gruppe von mehreren, die sich auch noch untereinander anstiften, braucht der ausgeguckte Hund Nervenstärke, um nicht davon zu laufen, denn dann, dann wird das Spiel für die Whippets erst recht interessant. Es kommt beim Whippet sehr auf die drei Komponenten Zucht, Aufzucht und Haltung an, ob er leichter oder weniger einfach zu beeinflussen und abzurufen ist.

Wer bist denn du? Whippets müssen alles Vierbeinige im Griff haben
Auch hierauf muss sich ein Whippetinteressent einstellen und hier muss er vorbereitet sein und ggf. Gegenmaßnahmen ergreifen und ganz wichtig: konsequent sein und führen! Es ist also das Gegenteil von einem Begleithund, der einfach nur dabei ist, der Whippet ist der Macher. Er muss in seine Grenzen verwiesen werden, seine Stärken werden zu einer Belastung, wenn der Mensch sie unterschätzt. Whippets dürfen niemals unterschätzt werden!
Wer aus dem Whippet einen Begleithund herreden möchte, der macht genau das. Und damit tun wir weder den Hunden und schon gar nicht den Menschen einen Gefallen.
Freilauf ist unabdingbar
Nun haben wir ein Dilemma. Der Whippet als superschneller Sprinter hat in seinem Herzen zwar seinen Menschen und eine enge Beziehung zu ihm, diese ist aber sofort vergessen, wenn die eigenen Bedürfnisse nach Befriedigung schreien. Für einmal richtig Vollspeed vergisst der Whippet schon mal gern seinen Menschen.
Nur ausgelastete Whippets sind glückliche Whippets und weil der Whippet eben nicht wie jeder x-beliebige Begleithund überall herumlaufen kann, braucht es die geeigneten und entsprechend sicheren und nicht so dick gesähten Gelände, in denen er nach Herzenslust rennen und sich auspowern kann. Hier ist der Whippetbesitzer in der Pflicht, seinen Hund dorthin zu chauffieren, wo ein whippetgerechter Freilauf möglich ist.
Der Whippet im Freilauf muss stets busy gehalten werden und unter Kontrolle sein. Wer das Glück hat mehrere Hunde in einem Gebiet zu treffen, die es gewöhnt sind frei zu laufen, der kann seinem Whippet ausreichend Bewegung und Beschäftigung bieten. Denn auch hier muss Whippet alles genau checken, immer auf alles gefaßt sein und immer hellwach und alles im Griff haben. Das beste Mittel dem Hetz-Gen entgegenzuwirken ist ein passender Renn- und Spielpartner, sprich ein zweiter Whippet. Sie können sich gegenseitig jagen und in Geschwindigkeit und Stärke messen.
Angeblich sollen Whippets in der Beliebtheit immer mehr zu nehmen. Wenn das so ist, dann hoffe ich, dass dieser Beitrag Beachtung und Verbreitung findet. Denn nur wenn man den Feind kennt, kann man ihn besiegen.
©Marianne Bunyan
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